Alleinsein sein heißt nicht einsam sein

Alleinsein ist ein Thema, das mich persönlich nicht betrifft. Nicht mal jetzt in dieser Corontäne-Zeit. Patchwork-Familie, meistens zwischen vier und sechs Kinder da (sowas von!), sonst Homeoffice oder Zweisamkeit. Das ist mein Leben. Nicht aber das vieler anderer. Es gib Hunderttausende, die seit bis zu sechs Wochen alleine in ihren Wohnungen sitzen. Und das ist jetzt echt schon eine lange Zeit. Für mich absolut unvorstellbar.

Normalerweise singe ich jede Woche in einem sehr altersheterogenen Chor. Seit Jahren schon. Jetzt treffen wir uns jede Woche per Zoom und tauschen uns aus. Dieses Mal habe ich das Thema Einsamkeit mal in den virtuellen Raum geworfen, weil ich ein Gefühl bekommen wollte, wie es meinen Freunden in völlig anderen Lebenssituation geht.

Erstaunlich dabei war, dass eigentlich keiner der Anwesenden über Einsamkeit geklagt hat. Für manche ist durch Corona ein längst fälliger Lebensabschnitt erst deutlich geworden, nämlich einer der inneren Einkehr. Andere betonten, dass sie jetzt nicht mehr alleine sind als vorher.

Tenor war: Der echte Kontakt bleibt auch über Zoom und Co. Und ja, natürlich fehlen die Enkel auf dem Schoß. Oder bei den Jüngeren mal die Umarmung einer besten Freundin. Aber noch in einem aushaltbaren, nicht existenziellen Maße.

Keine tiefe Trauer. Sogar Erleichterung.

Isa brachte das Thema dann auf eine sehr interessante Ebene, nämlich, dass Alleinsein nicht gleich Einsamkeit ist. Das hat sie mit folgendem, wie ich finde wunderschönen und intelligenten Text von Johanna Haberer, unterstrichen:

"Allein für mich

Alleinsein hat nichts zu tun mit Einsamkeit. Wo Einsamkeit das Gefühl des Verlustes von Nähe meint, das Empfinden, in eine Welt geworfen zu sein, in der es keinen Zusammenhalt und kein Netz gibt, bedeutet Alleinsein, die ganze Welt geistig zu sich einzuladen. Wer allein ist, lässt Gott und die Welt bei sich ein. Kränkungen und Demütigungen, Hochgefühle und Glück schmecken nach und erhalten ein Gedächtnis in der Seele. Beim Alleinsein wachsen innere Bilder, entstehen Visionen, öffnet sich Erkenntnis, ordnet sich die Existenz. Wer allein ist, tritt sich selbst ungeschützt gegenüber, und niemand kann zur Verteidigung gerufen werden."

Wie privilegiert ich bin, von so vielen unterschiedlichen und liebevollen Menschen so viel Inspiration erfahren zu dürfen! 



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