Muttersein ist Krieg
Muttersein und Krieg sind durchaus vergleichbar. Mit einem
fundamentalen Unterschied: Muttersein macht Sinn. (Zumindest redet sich das
jede liebende Mutter tagtäglich fest ein.)
Ansonsten ist es gleich: Ein täglicher Kampf – oft bis aufs
Blut, also blutig – um Leben und Tod. Jeder strampelt ums Überleben,
einschließlich der Mutter. Den Vater lasse ich übrigens heute mal ganz bewusst
raus. Der hats aber auch nicht leicht …
Der Krieg beginnt schon im Bauch. Ein Hormonradau, der
völlig unerwartet alles durcheinander wirft, was eigentlich schon als gegeben
akzeptiert war: Meinungen und Einstellungen auch, ja! Was gut ist und was falsch.
Aber vor allem die Kontrolle über jegliche Emotion. Nicht-Heuler (wie ich, Ihr könnt
alle fragen: Ich dachte ich kann gar nicht heulen. Dachte.) mutieren plötzlich
zu schluchzenden Schlosshunden, die wegen jedem Scheiß ihr Gesicht verlieren. Absolut
peinlich und im wahrsten Sinne: zum Kotzen. Die Krux an der Gschicht: Die Liebe
ist unermesslich, sogar die hässlichsten Säuglinge kommen der Mutter
wunderschön vor – schon im Ultraschall. Ich muss sagen, ich war jedes Mal
wieder absolut erschrocken darüber, wie sehr einem der Mutterinstinkt, die
Natur, jede Würde nimmt.
Zurück zum Krieg: Er geht weiter, sobald der
Lieblingsschreihals auf der Welt ist und beginnt zu brüllen. Und er brüllt und
brüllt, der Lieblingsschreihals, den ganzen Tag und manchmal noch die ganze
Nacht und dann nochmal und dann nochmal. Psychoterror oder im Krieg auch als
Folter bezeichnet. Die beste Methode, um Gefangene zu brechen.
Besonders schlaue Mütter (so wie ich) bekommen ganz viele
Kinder quasi auf einmal. Bei mir waren es vier in fünfeinhalb Jahren. Da gab‘s
dann ganz lange gar keinen Schlaf mehr.
Heute schlafe ich wieder (, außer letzte Nacht mit einem Rekord
von acht Alpträumen aufgeteilt auf die zwei Jüngsten, die mich im Halbstunden-Takt
aufweckten. Doch das ist die Ausnahme.) Der Krieg aber ist alles andere als
fort. Er ist jetzt weniger psychologisch und mehr plastisch. Und hier endet die
Nachvollziehbarkeit der Mutter. Wenn ich zurückdenke, gab es in der Grundschule
vielleicht drei Situationen mit meiner Hassfreundin Alexa, in denen wir uns richtig
die Augen auskratzten. Ich verlor jedes Mal und alles tat einfach nur weh.
Schon während des dritten Aktes sah ich meine eigene Dummheit und die
Sinnlosigkeit ein. Ich schämte mich sogar dafür.
Nicht so meine Jungs (10, 8 und 7 Jahre). Sie schlagen sich
permanent und gerne und blutig. Und ich stehe oft einfach nur noch ratlos davor
und wundere mich. Früher habe ich mich maßlos geärgert, bin laut schimpfend mit
in den Krieg (, der nicht meiner war) eingezogen. Danach habe ich oft nächtelang
darüber sinniert (wieder kein Schlaf!). Corona und die viele Zeit zusammen zu
Hause haben mich wieder neu vor diese Herausforderung gestellt. Warum und was
tun?!
Neulich hatte ich mit meinem Ältesten einen guten Moment im
Auto und fragte ihn aus echter Neugierde, was ihn an dieser Brutalität so reize.
Er sah mich offen und lächelnd an und sagte: „Ach, Mami. Wir Jungs müssen halt
immer mal wieder schauen, wer Alpha ist.“
Ich gebe mich geschlagen. OK! Hier habe ich ihn schwarz auf
weiß – den Beweis: Es gibt ihn doch, den gigantisch großen Unterschied zwischen
Mann und Frau. Denn hier steige ich aus. Aus dem Krieg. Ich lasse die Jungs
Jungs sein (solange ich nicht vom Lärm sterbe oder einer im Kampf). Und Alphas.
Und bin nur noch alphabetisierende und liebende Mutter. Das kann ich. Manchmal.
Aaaamääään. So viel Einsicht dank Corontäne.
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